Herzensprojekt – Integrativer Lehrgarten
So etwas soll vorkommen – die Gedanken kreisen wie ein Wurm, beflügeln die Phantasie mit
„man müsste/ ich könnte“. Man wächst plötzlich über sich und seine Grenzen hinaus, die
Knochen tun gar nicht mehr weh. Das Projekt Integrativer Lehrgarten hatte dieses Potenzial,
schlummerte seit seiner Entstehung träge vor sich hin und die Natur hatte längst
entschieden, sich diese Parzelle zurück zu nehmen. Dann trafen sich die richtigen Menschen
zur richtigen Zeit am richtigen Ort und das Herzensprojekt war da und ließ keine Ruhe mehr.
Durch die Kreativität der Akteur*innen entstand ein Konzept und wurde liebevoll und
nachhaltig umgesetzt. Platten, Steine, Kannten, die seit Jahrzehnten ihren Platz hatten,
bekamen eine ganz neue Aufgabe und sehen dabei einfach toll aus. Nun duften auf dem
„Beet der Sinne“ Kräuter vor sich hin. Auf Schildchen hat jede Pflanze ihren Namen stehen
und man darf ruhig staunen, was es da alles so gibt. Ein Bienenvolk tut emsig seinen Job,
auch über die Grenzen des Lehrgartens hinaus. Die Bäume hängen voller Früchte. Vor dem
Bienenstock plätschert ein kleiner Teich. Bienen und Vögel genießen das Nass und die Ruhe.
Schnappen sich der Frosch oder ein Vogel doch einmal eine Biene, na dann haben wir ein
weniger. Das ist verkraftbar. Im nächsten Jahr bekommen noch zwei weitere Bienenvölker
hier ihr neues Domizil. Kinder der benachbarten KITA können ihre Sinne barfuß auf Sand,
Kiesel, Tannenzapfen, Häckselgut oder Wegplatten trainieren und ganz nebenbei lernen, was
an Obst und Gemüse nicht einfach aus dem Supermarkt kommt, viel Arbeit macht und bis
zur Ernte versorgt werden will. So klein sie auch sind, sie haben Freude am Kümmern und
Entdecken. Kümmerer, Entdecker und Genießer kommen auch gern aus der benachbarten
Tagespflege zu uns. Wege sind rollstuhlgerecht ausgelegt. Hochbeete wurden extra für
Menschen angelegt, denen es versagt ist, einen eigenen Garten bewirtschaften zu können.
Lieblingsbeschäftigungen sind, Pflanzen zu ziehen, sie bis zur Reife zu versorgen und zu
ernten. Alle können mitmachen und es findet sich in der Regel immer jemand, auf die Leiter
zu klettern um die alten Obstbäume zu entlasten.
Auch die „Pflanzenretter“ sind dabei. Mit ihrem Projekt „Urbanität und Vielfalt“ in einer
Partnerschaft zwischen dem Umweltzentrum Dresden und unserem Verein werden noch in
diesem Herbst solche Wildpflanzen im Lehrgarten eine neue Heimat bekommen, die in
Sachsen vom Aussterben bedroht sind. Auf Namensschildchen wird man die Namen der
wilden Schönheiten lesen können und die „Pflanzenretter“ geben den Pflanzen, was sie
brauchen. Ziele sind bei diesem Projekt die Wildblumensamen, die der Saatgutbibliothek
und dem Netzwerk „Wildpflanzenpat*innen“ angeboten werden sollen. Bis es soweit ist,
werden Insekten mit Sicherheit gerade diese Wildblumenbeete als ihre besondere
Naschecke annehmen. Unsere Freude an der Natur ist in diesem Fall nur ein Zufallseffekt,
aber ein wirklich Schöner! Familie Igel muss sich entscheiden zwischen dem Igelhaus und der
Totholzecke. Wir werden sehen! Der nächste Termin der Trilogie „Einfach Gärtnern“ auf
Einladung der Fachberatung wird auf der neuen Terrasse mit neu gebauten Bänken dazu
einladen, Anregungen zu geben oder Erfahrungen auszutauschen.
Am 30.07.22 lief die selbst gesetzte Deadline mit der Einweihung zum Sommerfest unseres
KGV ab. Nun ist der Integrative Lehrgarten ein Teil unseres Vereins und ein Platz der
Begegnung für uns und die Nachbarschaft des Wohngebietes. Wird demnächst die alte
Gründerzeitlaube saniert sein, ist das Werk vollbracht, aber sicherlich nie ganz fertig sein.
Tja Freunde, das ist unser Herzensprojekt. Der Lohn für so viel investierte Kraft und
Phantasie ist die Freude, dass er genutzt wird, manchmal auch nur, um zu verweilen und die
Erinnerungen an mehr als 50 Jahre Gartenfreude zu teilen bis zur altersbedingten Aufgabe
der eigenen Parzelle.
Monika Conrad und Team Fachberatung
KGV Dresden-West e.V.